Empathie: Drei Formen und die neuesten Erkenntnisse

Empathie ist ein zentrales Element unserer sozialen Interaktionen, denn sie hilft uns, uns in die Gefühle und Gedanken anderer Menschen hineinzuversetzen. Doch Empathie ist nicht gleich Empathie. Forschungsergebnisse, insbesondere von Tania Singer am Max-Planck-Institut in Berlin, haben gezeigt, dass es verschiedene Arten von Empathie gibt, die jeweils in unterschiedlichen Situationen sinnvoll sind. Lass uns gemeinsam die drei Formen der Empathie und den Unterschied zum Mitleid erkunden.

1. Die drei Formen der Empathie

Resonanz: Diese Form der Empathie ist die spontanste und unmittelbarste. Du spürst, was der andere fühlt, als wäre es dein eigenes Gefühl. Wenn jemand traurig ist, wirst du traurig; wenn jemand lacht, fühlst du die Freude mit. Diese emotionale Ansteckung ermöglicht es dir, in direktem Kontakt mit den Gefühlen des anderen zu sein. Resonanz ist besonders hilfreich, wenn es darum geht, eine starke Verbindung aufzubauen, aber es kann auch überwältigend sein, wenn Du die Emotionen des anderen unkontrolliert übernimmst.

Kognitive Partizipation bzw. Empathie: Hier geht es nicht darum, die Gefühle des anderen mitzufühlen, sondern vielmehr darum, zu verstehen, was der andere denkt und fühlt. Es ist ein aktiver Prozess des Nachvollziehens, bei dem Du dich in die Situation des anderen hineinversetzt, ohne selbst emotional involviert zu sein. Diese Form der Empathie ist besonders wichtig in beruflichen Kontexten oder in Situationen, in denen rationale Entscheidungen gefragt sind. Du kannst den anderen besser unterstützen, weil du eine klarere Perspektive bewahrst.

Raum halten: In dieser Form der Empathie bist Du einfach präsent für den anderen, ohne dich zu stark emotional zu beteiligen oder zu sehr in seine Situation hineinzudenken. Du gibst dem anderen den Raum, seine Emotionen zu verarbeiten, während Du ihn auf diesem Weg unterstützt. Es ist wie eine sichere Zone, die Du schaffst, damit der andere sich ausdrücken kann, ohne dass Du eingreifst oder versuchst, die Emotionen zu übernehmen.

2. Empathie vs. Mitleid

Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Empathie und Mitleid. Während Empathie bedeutet, dass Du die Gefühle und Gedanken des anderen verstehst und mitfühlst, bleibt Mitleid oft auf Distanz. Wenn Du Mitleid empfindest, nimmst Du den Schmerz oder das Leiden des anderen wahr, stellst Dich aber als jemand dar, der außerhalb dieses Schmerzes steht. Es kann eine Hierarchie entstehen, bei der der andere sich kleiner und hilfsbedürftiger fühlt. Empathie hingegen bringt euch auf eine Ebene, auf der beide gleichwertig sind.

3. Wann macht was Sinn?

Resonanz ist sinnvoll in intimen oder sehr emotionalen Beziehungen, wo eine tiefe Verbindung und geteilte Emotionen heilsam sein können. Es ist jedoch wichtig, nicht in den Emotionen des anderen zu „versinken“.

Kognitive Partizipation ist ideal, wenn Du in der Rolle eines Beraters, Coaches oder in einem beruflichen Kontext bist, wo es wichtig ist, Emotionen zu verstehen, aber trotzdem rational und klar zu bleiben.

Raum halten ist besonders nützlich in Situationen, in denen jemand einfach nur „gesehen“ werden will, ohne dass sofort eine Lösung oder ein Eingreifen erforderlich ist. Es hilft, dem anderen den Raum zu geben, seine eigenen Emotionen zu erkunden, während Du da bist, um Unterstützung zu bieten.

Neueste Forschungsergebnisse

Die Forschung von Tania Singer hat gezeigt, dass Empathie trainiert werden kann. In einer ihrer Studien führte sie ein Trainingsprogramm durch, das Achtsamkeit und Mitgefühl förderte, was langfristig zu einer Zunahme von Empathie und sozialem Engagement führte. Besonders interessant ist, dass verschiedene Arten der Empathie in unterschiedlichen Hirnarealen aktiviert werden, was die Vielfalt und Tiefe unserer empathischen Fähigkeiten unterstreicht.

Singer betont außerdem, dass zu viel Resonanz- oder emotionale Empathie zu „Empathieerschöpfung“ führen kann. Deshalb ist es so wichtig, zwischen den verschiedenen Arten der Empathie zu balancieren und auch Raum für Selbstfürsorge zu schaffen.

Empathie ist eine Haltung und auch starkes Werkzeug, welches uns hilft, tiefere Verbindungen zu unseren Mitmenschen aufzubauen. Doch wie bei jedem Werkzeug kommt es darauf an, es richtig einzusetzen – und zu wissen, wann welche Form der Empathie sinnvoll ist.

 

Quellen:

•Singer, T., & Engert, V. (2019). It matters what you practice: Differential training effects on subjective experience, behavior, brain and body in the ReSource Project. Current Opinion in Psychology, 28, 151-158.

•Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften: https://www.cbs.mpg.de/